Beschreibung des Wettbewerbsbeitrags
Titel des Wettbewerbsbeitrags
Kurzfassung des Wettbewerbsbeitrags
Das Projekt "Sexualbildung im Kontext Geflüchtete" hat zum Ziel, im Burgenlandkreis auf Basis von Fortbildungen, Gesprächsrunden und einer wissenschaftlichen Kooperation mit der Hochschule Merseburg einen Dialog zwischen Neuzugewanderten und Alteingesessenen, zwischen deutschen- und nicht-deutschen Fachkräften, Ehrenamtlichen und BürgerInnen zum Thema Sexualität und Beziehungsgestaltung in seiner umfassenden Definition anzustoßen.
Das Besondere daran ist, dass sich ein ländlicher, ostdeutscher Flächenlandkreis, der mit einem hohen rechtsextremen und rechtspopulistischem Potenzial kämpft, sich hohe Ziele setzt: Integration soll nicht nur materielle Versorgung, Sprache und Integration in Arbeit beinhalten, sondern darüber hinaus den ganzen Menschen sehen. Ebenso besonders ist, dass der Burgenlandkreis zur Umsetzung des Projektes eine Kooperation mit einer Hochschule eingeht, um einen Transfer zwischen Wissenschaft und Praxis im besten Sinne zu ermöglichen.
Beschreibung des Wettbewerbsbeitrags
Der Burgenlandkreis
Der Burgenlandkreis ist ein ländlicher Flächenlandkreis im südlichen Sachsen-Anhalt mit 184.081 Einwohnern (Stand: 31.12.2015). Ein Charakteristikum des Landkreises ist die inhaltliche Schwerpunktsetzung in den Bereichen Bildung und Integration. So beantragte der Burgenlandkreis als einer der bundesweit ersten Landkreise die Bundesprogramme „Bildung integriert“ bzw. „Kommunale Koordinierung der Bildungsangebote für Neuzugewanderte“, beide Programme sind im „Bildungsbüro“ des Landkreises mit mittlerweile 16 Stellen in verschiedenen Bildungsprojekten verankert. Im Bereich Integration wurde zudem zusätzlich zur Integrationskoordination das Sachgebiet „Integration“ im Integrations- und Ausländeramt geschaffen und eine Expertengruppe Integration im Rahmen des Regionalen Arbeitskreises Arbeitsmarkt gegründet, darüber hinaus beteiligt sich der Landkreis aktiv an Veranstaltungen, Forschungsprojekten und Publikationen zum Thema. Hier seien beispielhaft das Forschungsprojekt zum Thema Integration des Thünen-Instituts sowie die Studie „Integration in ländlichen Räumen“ des Deutschen Landkreistages genannt. Alle Integrationsbemühungen sollen künftig in der Migrationsagentur mit der geplanten Eröffnung im April 2018 gebündelt werden.
Ausgangspunkt des Projektes „Sexualbildung im Kontext Geflüchtete“
Am Ausgangspunkt der späteren, umfangreicheren Überlegungen zum Thema „Sexualbildung im Kontext Geflüchtete“ stand im Januar 2017 die von der damaligen Bildungskoordinatorin für Neuzugewanderte, Damaris Berger, auf Anregung eines im SPIEGEL veröffentlichten Artikels („Aufgeklärt“, Ausgabe 50/2016) angestoßene Ausgangs- und Bedarfsanalyse zum Thema Sexualbildung im Kontext Geflüchtete im Burgenlandkreis. Im Mittelpunkt der Analyse stand die Frage, inwieweit Sexualbildung in ihrer weiten Definition – die Themen wie Sexualität, Liebe, Partnerschaft und Familie, Werte und Normen, Geschlechterrollen, Selbstbestimmung usw. im Sinne einer umfassenderen Persönlichkeitsbildung beinhaltet – im Burgenlandkreis bereits behandelt wird und inwiefern hier noch Bedarfe bestehen. Dabei wurden sowohl die Verankerung von Inhalten der Sexualbildung in Curricula sowie Einrichtungskonzeptionen analysiert, als auch Gespräche mit wesentlichen AkteurInnen aus dem Bereich Integration im Burgenlandkreis geführt. Diese Personengruppe beinhaltete den Dezernenten des Sozialdezernates, den Leiter des Amtes für Bildung, Kultur und Sport, den Leiter des Sachgebietes Integration im Burgenlandkreis, die Integrationskoordinatorin, die SachgebietsleiterInnen des Allgemeinen und Besonderen Dienstes im Jugendamt, eine Mitarbeiterin des Gesundheitsamtes, MitarbeiterInnen des Bildungsbüros, die Leiterin einer Gemeinschaftsunterkunft, Ehrenamtliche, sowie Fachkräfte aus anderen Städten und Landkreisen. Die Ergebnisse zeigten deutliche Defizite und Bedarfe:
Das Thema Sexualbildung wird in Teilen im Rahmen der Orientierung in der deutschen Gesellschaft mitgedacht. So ist etwa das Thema „Gleichberechtigung von Mann und Frau“ ein Bestandteil des Curriculums im Orientierungskurs im Rahmen des Integrationskurses. Deutlicher wird die Pflicht zur umfassenden Sexualbildung im Hinblick auf die Sexualpädagogischen Konzepte von Einrichtungen, insbesondere von UmA- Einrichtungen.
Ein Blick auf die konkrete Umsetzung zeigte jedoch deutliche Handlungsbedarfe: Selbst in den Fällen, in denen Sexualbildung vorgeschriebener Teil von Curricula und Einrichtungskonzeptionen sind, ist die Umsetzung oft mangelhaft oder bleibt komplett aus. Wenn es überhaupt behandelt wird erlebt das Thema „Sexualbildung“ oft die Engführung auf die Schlagworte Verhütung, Gleichberechtigung von Mann und Frau und Prävention von Vergewaltigungen/ sexueller Belästigung. Eine umfassende Betrachtung von Sexualität als Menschenrecht und wesentlicher Teil der Persönlichkeit findet in der Regel nicht statt. Dies liegt auch darin begründet, dass das Personal in der Betreuung und Beratung und Beschulung von Geflüchteten nicht immer ausreichend geschult und sicher in der Vermittlung der genannten Inhalte im Kontext der in dieser Größenordnung im ländlichen ostdeutschen Raum noch neuen Zielgruppe ist. Dazu kommt, dass auch unter Fachkräften Ressentiments gegenüber MigrantInnen, die den Aufbau einer vertrauensvollen Beziehung zur Bearbeitung von Themen wie Sexualität behindern, verbreitet sind. Gleichzeitig wird das Thema von Fach-/Führungskräften und Ehrenamtlichen im Bereich Integration als sehr wichtig angesehen, da das Thema Sexualität in der genannten weiten Definition eine große Rolle in der Lebenswelt der MigrantInnen und damit auch im Arbeitsalltag der im Bereich Integration Tätigen spielt. Im Kontext der Ausgangs- und Bedarfsanalyse wurden immer wieder auch Phänomene geschildert, die den Befragten Anlass zur Sorge in Bezug auf das Thema gaben, etwa Fälle von Zwangsverheiratung, Vergewaltigung/ sexueller Belästigung, weiblicher Genitalverstümmelung oder Familienplanung durch wiederholte Abtreibungen.
Im Rahmen der Ausgangs- und Bedarfsanalyse fanden auch Gespräche mit AkteurInnen außerhalb des Burgenlandkreises statt. Zu nennen ist hier die beispielsweise das Bundesforum Männer, welches das Projekt „Flucht, Migration, Integration – Geschlechterreflektierte Arbeit mit männlichen Flüchtlingen“ umsetzt.
Übergeordnete Projektziele
Sexualbildung wird oft im Sinne von Aufklärung verstanden und im Rahmen einer circa zweistündigen Einheit gedacht, in deren Verlauf dem jeweiligen Teilnehmerkreis erklärt wird, „wie es geht“ und – zumindest implizit – „wie es richtig geht“. Der moralisierende und direktive Unterton wird in Bezug auf bestimmte Zielgruppen wie MigrantInnen noch stärker, gilt es hier doch zu vermitteln, wie man in Deutschland in Bezug auf Sexualität richtig fühlt, denkt und handelt. Von diesen Ansätzen wollte sich der Burgenlandkreis deutlich abgrenzen. Stattdessen setzt das Konzept auf einen Dialog, der auf einer Auseinandersetzung mit der eigenen Haltung sowie auf einer aktive Einbeziehung von Menschen mit Flucht- und Migrationserfahrung in allen Projektelementen basiert.
Folgende übergeordnete Projektziele werden definiert:
- Der Burgenlandkreis nimmt auch im Bereich der Integration das Thema Sexualität und Bezie-hungsgestaltung als Menschenrecht und wesentlichen Teil der Persönlichkeit ernst.
- Geflüchtete sehen sich im Burgenlandkreis in ihrem Menschsein, zu dem auch die Sexualität gehört, gesehen und akzeptiert.
- Im Burgenlandkreis entsteht ein Dialog zwischen Neuzugewanderten und Alteingesessenen, zwischen deutschen- und nicht-deutschen Fachkräften, Ehrenamtlichen und BürgerInnen, der auf Augenhöhe, Offenheit und gegenseitiger Akzeptanz basiert und die in Deutschland geltenden Gesetze achtet.
Konzeption
Im Dialog mit allen wesentlichen AkteurInnen wurden folgende Projektelemente festgelegt:
Wissenschaftliches Konzept, Projektbegleitung, Fachveranstaltung
Ein wesentlicher Kern des Projektes im Burgenlandkreis ist die Kooperation mit Prof. Dr. Heinz-Jürgen Voß, Inhaber einer Forschungsprofessur Sexualwissenschaft und sexuelle Bildung an der nahegelegenen Hochschule Merseburg.
Folgende Ziele wurden für die Kooperation festgelegt:
- Der Burgenlandkreis sowie die Hochschule Merseburg erarbeiten gemeinsam eine Publikation für Fach- und Führungskräfte zum Thema „Sexualbildung im Kotext Geflüchtete“. Die Publikation präsentiert auch im Sinne der Nachhaltigkeit wesentliche Grundlagen und Erkenntnisse des Prozesses im Burgenlandkreis und wird im Sinne des Know-how-Transfers in andere Kommunen auch externen AkteurInnen zur Verfügung gestellt.
- Durch eine wissenschaftliche Begleitung des Projektes im Burgenlandkreis durch die Hochschule Merseburg wird eine hohe Projektqualität sichergestellt.
- Gegen Ende des Projektes findet eine gemeinsame Fachveranstaltung statt, auf der die Ergebnisse der Kooperation sowie die entstandene Publikation einem Fachpublikum sowie der Öffentlichkeit präsentiert werden.
Seit Januar 2018 besteht ein enger Kontakt in Form von persönlichen Treffen sowie Austausch per Mail mit Prof. Dr. Voß bzw. den Expertinnen der Sexualbildung, die sowohl die Fachkräftefortbildungen im Projekt gestaltet haben als auch an der wissenschaftlichen Begleitung und Erarbeitung einer Publikation mitarbeiten werden. Nach der Arbeitsaufnahme eines neuen Kanzlers soll nun – wenn möglich im Januar 2018 – auch ein Kooperationsvertrag zwischen dem Burgenlandkreis sowie der Hochschule Merseburg unterzeichnet werden (s. Entwurf im Anhang).
Fortbildungen für Fachkräfte/Ehrenamtliche, Einrichtungen und MultiplikatorInnen
Von September bis November 2017 wurden mit großem Erfolg drei inhaltsgleiche, jeweils zweitägige Fachkräftefortbildungen durchgeführt, an denen insgesamt 48 Fachkräfte und Ehrenamtliche des Landkreises teilnahmen (s. ausführliche Beschreibung unter D; Einzelprojekt 1).
Wie auch von den Teilnehmenden bestätigt wurde sind zwei Tage Fortbildung nicht ausreichend. Aus diesem Grund soll das Thema im Rahmen von zwei Fortbildungskonzeptionen im kommenden Jahr weiter bearbeitet werden: Zum einen soll ab Frühjahr 2018 für Einrichtungen, die UmA betreuen, die jeweils einrichtungsspezifische, intensive Erarbeitung einer Sexualpädagogischen Konzeption angeboten werden. Diese Herangehensweise fußt auf der Erfahrung der Referentinnen und auch der UmA-BetreuerInnen selbst, dass einmalige, von externen ReferentInnen durchgeführte „Aufklärungsstunden“ für UmA oft nicht zielführend sind, sofern sich im alltäglichen Umgang der Einrichtung mit Sexualität nichts ändert und die Mitarbeitenden weiterhin nicht sprach- und handlungsfähig zu Themen der Sexualität sind.
Folgende Ziele der Einrichtungsfortbildungen wurden in Kooperation mit der Hochschule Merseburg definiert:
- Mitarbeitende haben ein ganzheitliches Verständnis von Sexualität, ihren Ausdrucksformen und lebenslangen Entwicklungen.
- Mitarbeiter_innen und Leitung in Betreuungs- und Bildungseinrichtungen integrieren das Thema Sexualität in ihr Leitbild/Konzept, sind nach innen und außen transparent im Bezug auf den Umgang mit Sexualität in der Einrichtung.
- Mitarbeiter_innen und Leitung sind im Team, mit Schutzbefohlenen und deren Angehörigen in der Lage, sexuelle Themen anzusprechen und beziehen sich in ihren Handlungen bezogen auf Sexualität und sexuell grenzverletzendem Verhalten auf den gemeinsam erarbeiteten Handlungsleitfaden.
- Die Einrichtung kennt rechtliche Grundlagen und gesetzliche Bestimmungen im Zusammenhang mit Sexualität in sozialen Einrichtungen sowie Informations- und Hilfsangebote von externen Beratungseinrichtungen.
- Die Einrichtung etabliert einen sexualfreundlichen Rahmen und ganzheitliche Angebote der Sexuellen Bildung
- Die Einrichtung kennt wesentliche Ursachen und Risiken für die Entstehung sexualisierter Grenzverletzungen/ Gewalt, nimmt Maßnahmen zur Prävention vor und ist handlungssicher im Falle sexualisierter Gewalt in der Einrichtung.
Als zweite Fortbildungskonzeption für Fachkräfte soll ab Herbst 2018 eine MultiplikatorInnenschulung umgesetzt werden, die auch für Fachkräfte aus anderen Landkreisen geöffnet werden soll. Im ländlichen Raum ist der Mangel an qualifizierten ReferentInnen oft eine zentrale Herausforderung, die sich bei Spezialthemen wie Sexualbildung noch verschärft. Zudem ist eine nachhaltige Etablierung eines Themas im Landkreis mit rein externen ReferentInnen nicht möglich. Zum dritten scheint es gerade bei erwachsenen Flüchtlingen nicht zielführend, diese zu offenen Workshops zum Thema Sexualität einzuladen. Stattdessen scheint – neben der Gestaltung von thematischen Einheiten zum Thema in bereits bestehenden festen Gruppierungen – eine Bearbeitung des Themas Sexualität in den Kontexten und durch die Personen, die auch im Alltag Kontakt zu den Geflüchteten haben, sinnvoller (s. D; Einzelprojekt 2.) Die bisher definierten Ziele der MultiplikatorInnenschulung entsprechen weitgehend den Zielen für die Fachkräftefortbildungen, allerdings wird eine tiefergehendere und gleichzeitig noch handlungsorientiertere Schulung angestrebt. Zentrales Ziel ist die Gewinnung von Geflüchteten bzw. Menschen mit Migrationshintergrund als Teilnehmende. Aufgrund der Verbindung zu DaMigra, den engen bestehenden Kontakten zu MigrantInnen im Burgenlandkreis allgemein sowie der Tatsache, dass diese Zielgruppe bereits für die Fachkräftefortbildung gewonnen werden konnte, wird hier von einer Erreichung des Ziels ausgegangen.
Workshops/ Gesprächsrunden für Geflüchtete
Neben der Kooperation mit der Hochschule Merseburg sowie den Fortbildungen für Fachkräfte, Einrichtungen und MultiplikatorInnen stellt die direkte Bearbeitung des Themas mit den Geflüchteten selbst die dritte wesentliche Projektsäule dar. Aufbauend auf bereits bestehenden Erfahrungen soll hier eine Intensivierung unter Einbeziehung von weiteren Personengruppen erfolgen (s. D; Einzelprojekt 2)
Erfüllung Bewertungskriterien
Einbindung in eine kommunale Gesamtkonzeption mit den Schwerpunkten Integration und Zusammenleben:
Thema Sexualbildung ist Teil des Integrationskonzeptes des BLK, das im Winter 2018 veröffentlicht wird.
Durchführung einer Ausgangs- und Bedarfsanalyse:
Erfolgt, siehe „Ausgangspunkt des Projektes „Sexualbildung im Kontext Geflüchtete““.
Verfolgung festgelegter Integrationsziele
Gewährleistet, siehe Konzept im Anhang.
Einsatz von Instrumenten des Qualitätsmanagements und der Evaluation:
Verwendung eines ausführlichen Evaluationsbogens im Rahmen der bereits durchgeführten Fachkräftefortbildung (s. Auswertung im Anhang) zusätzlich zur mündlichen Auswertung, Einsatz von Evaluationsbögen und mündlicher Auswertung bei allen künftigen Veranstaltungen, wissenschaftliche Begleitung durch die Hochschule Merseburg.
Verbindlich vereinbarte Vernetzung und Kooperation von verschiedenen AkteurInnen:
Bereits erfolgt: Strukturierte Kooperation und Vernetzung innerhalb der Kreisverwaltung z. B. im Rahmen von Arbeitstreffen und Sitzungen, Planung: Kooperationsvertrag mit der Hochschule Merseburg vor der Unterzeichnung, Kooperationsvertrag mit DaMigra e.V. zur Durchführung gemeinsamer Veranstaltungen in Vorbereitung.
Nachhaltige Anlage von Integration und Zusammenleben in der Kommune:
Sehr langfristige, nachhaltige Betrachtung des Themas Integration in der Kommune allgemein (u.a. Schaffung unbefristeter Stellen, Gründung einer Migrationsagentur), nachhaltige Bearbeitung des Themas Sexualbildung durch MultiplikatorInnenschulung, Veröffentlichung einer Publikation für Fach- und Führungskräfte, Durchführung einer Fachveranstaltung, begleitet von Öffentlichkeitsarbeit, um eine Breitenwirkung zu erzielen.
Verankerung in und Unterstützung durch die kommunalpolitische Ebene:
Bereits erfolgt: Vorstellung des Themas beim Landrat und dem Dezernenten sowie im „Regionalen Arbeitskreis Bildung“, ebenfalls unter Beteiligung des Landrates sowie verschiedener EntscheidungsträgerInnen im Burgenlandkreis. Bewilligung von Mitteln für das Projekt im Kreishaushalt 2018. Planung: Vorstellung des Themas in Ausschüssen des Kreistages, weitere Einbeziehung des Landrates sowie des Dezernenten.
Berücksichtigung von Gender- und Diversity-Aspekten:
Gender- und Diversity Aspekte bzw. die Sensibilisierung für diese als wesentlicher Inhalt des Projektes.
Know-How-Transfer in andere Kommunen:
Bereits erfolgt: Vorstellung des Themas in Veranstaltungen im Rahmen des Bundesprogrammes „Kommunale Koordinierung der Bildungsangebote für Neuzugewanderte“ (soll fortgeführt werden).
Planung: Öffnung der MultiplikatorInnenschulung für Interessierte aus anderen Landkreisen, Veröffentlichung einer Publikation für Fach- und Führungskräfte, Durchführung einer Fachveranstaltung, überregionale Öffentlichkeitsarbeit.
Fragen zum Wettbewerbsbeitrag
C1 Fragen zur gesamtkommunalen Einbindung des Wettbewerbsbeitrags






C2 Fragen zur Konzeption und Ausrichtung des Wettbewerbsbeitrags


































Welche Handlungsfelder zur Integration von Zuwanderern und zur Förderung des Zusammenlebens mit der Bevölkerung vor Ort stehen in Ihrem Wettbewerbsbeitrag im Mittelpunkt? Bitte geben Sie an, ob sich das Handlungsfeld auf die Gesamtstadt oder das Quartier bezieht bzw., ob es sich um ein Projekt handelt.


































C3 Fragen zur Umsetzung des Wettbewerbsbeitrags
















































Einzelprojekte
Einzelprojekt 1























Als erster wichtiger Schritt der Fachkräftefortbildung zum Thema wurden von September bis November 2017 drei inhaltsgleiche, jeweils zweitägige Fachkräftefortbildungen durchgeführt, an denen insgesamt 48 Fachkräfte und Ehrenamtliche des Landkreises aus den Bereichen Vormundschaften, Allgemeiner Sozialer Dienst, Besonderer Sozialer Dienst (Jugendamt), Integrationspädagogen und Sprachmittler (Integrations- und Ausländeramt), SchulsozialarbeiterInnen, Jugendberaterinnen, Leitungen und SozialarbeiterInnen in der Betreuung von UmA, Leitungen von Gemeinschaftsunterkünften (freie Träger), VertreterInnen aus dem Bereich Integration der Städte Zeitz und Weißenfels, Ehrenamtliche sowie die Bildungskoordinatorin für Neuzugewanderte (Amt für Bildung, Kultur und Sport) teilnahmen. Dabei waren auch Flüchtlinge bzw. Menschen mit Migrationshintergrund vertreten. Inhaltlich umgesetzt wurde die Fortbildung von Julia Sparmann und Karoline Heyne, zwei freien Referentinnen in der Sexualbildung, die im engen Kontakt zur Hochschule Merseburg stehen und auch an der Erarbeitung der Publikation zum Thema mitwirken werden. Die Organisation wurde von der Bildungskoordinatorin für Neuzugewanderte geleistet. Die Finanzierung wurde im Rahmen des Programmes „Willkommen bei Freunden“ umgesetzt, die kreiseigene Volkshochschule stellte unentgeltlich Räumlichkeiten zur Verfügung.
Folgende Ziele der Fachkräftefortbildung wurden im Vorfeld definiert:
- Fachkräfte haben ein ganzheitliches Verständnis von Sexualität, ihrer Ausdrucksformen und lebenslangen Entwicklungen
- Sie sind sensibilisiert für sexuelle Themen der Heranwachsenden in ihrer Einrichtung und handlungsfähig im Umgang mit diesen
- Fachkräfte sind sowohl im Team als auch mit ihren Klient_innen sprachfähig, um sexuelle Themen anzusprechen bzw. in einen wertschätzenden Diaolog zu treten
- Fachkräfte sind handlungssicher im Falle sexualisierter Grenzverletzung/Gewalt in der Einrichtung.
- Fachkräfte erlangen eine Verweisungskompetenz zu externen Fachkräften/ Beratungsstellen, die zu sexueller und reproduktiver Gesundheit bzw. Sexueller Bildung arbeiten.
- Fachkräfte sind reflektiert in Bezug auf eigene Kapazitäten, Haltungen, Grenzen und Rechte im Themenfeld
Die Fortbildungen erwiesen sich als sehr gewinnbringend für die Teilnehmenden. Das Feedback für die Veranstaltung fiel sehr positiv aus (s. Anhang), besonders hervorgehoben wurde auch im mündlichen Feedback die als sehr fruchtbringend erlebte Möglichkeit des Austausches und der Vernetzung der unterschiedlichsten Institutionen. Hier soll beispielhaft die Verknüpfung Jugendamt und Einrichtungen in der Betreuung von UmA genannt werden: Während zuvor oft nur telefonischer Kontakt bestand, der nicht immer als positiv und hilfreich bewertet wurde, war hier zwei Tage lang ein Raum geschaffen um sich auch persönlich kennenzulernen und Defizite und Bedürfnisse in der gegenseitigen Beziehungsgestaltung zu definieren. Ebenfalls als sehr wichtig stellte sich die Arbeit an der eigenen Haltung heraus: Während zu Beginn der Fortbildung oft noch recht starre Unterteilungen in „wir“ und „die“ bestanden, konnten diese Konstruktionen im Laufe der Tage zumindest teilweise verflüssigt werden. Auch das Thema Sexualität stieß bei den Teilnehmenden auf großes Interesse und bot vielfältige Anknüpfungsmöglichkeiten zum eigenen Arbeitsalltag, die teilweise im Rahmen von strukturierten Fallbesprechungen bearbeitet wurden.
Einzelprojekt 2























Neben der Kooperation mit der Hochschule Merseburg sowie den Fortbildungen für Fachkräfte, Einrichtungen und MultiplikatorInnen stellt die direkte Bearbeitung des Themas mit den Geflüchteten selbst die dritte wesentliche Projektsäule dar. Aufbauend auf bereits bestehenden Erfahrungen soll hier eine Intensivierung unter Einbeziehung von weiteren Personengruppen erfolgen.
Im Burgenlandkreis besteht ein sehr dicht geknüpftes Netz von haupt- und ehrenamtlichen Kräften, die im direkten Kontakt mit den Geflüchteten arbeiten. Beispielhaft sei hier das inklusive Leitung sechsköpfige Team der IntegrationspädagogInnen genannt, das zusätzlich zur Integrationskoordination im Integrations- und Ausländeramt angesiedelt ist. Das Thema Sexualität in all seinen Ausformungen wird von den AkteurInnen mitgedacht und situationsabhängig angesprochen. Insbesondere bei Vorfällen wie Vergewaltigungen durch Flüchtlinge wurden von den IntegrationspädagogInnen bereits Gesprächsrunden mit den nicht direkt an der Tat beteiligten Männern organisiert um über das Geschehene sowie über Fragen der Sexualität, der Geschlechterbeziehung oder der Selbstbestimmung zu sprechen. Aber auch in anderen Kontexten, die nichts mit sexualisierten Übergriffen zu tun hatten, wurden derartige Gesprächsrunden bereits organisiert. Die Erfahrungen hiermit sind sehr positiv, auch in Bezug auf die Rückmeldungen der Geflüchteten. In einer offenen Gesprächsatmosphäre, in der verschiedene Meinungen sein dürfen, zeigten sich die Geflüchteten ebenfalls sehr offen und interessiert. Dabei wurde jedes Mal deutlich, wie groß der Gesprächsbedarf zum Thema Sexualität tatsächlich ist, und dass es sich keinesfalls um ein Randthema handelt.
In Zukunft sollen die Bearbeitung des Themas Sexualität mit den Geflüchteten selbst deshalb deutlich ausgebaut werden. Da bei Einladungen zu offenen Treffs zum Thema die Wahrscheinlichkeit groß scheint, dass das Angebot nicht angenommen wird werden insbesondere zwei Formate als sinnvoll erachtet: Zum einen soll das Thema im Rahmen von Workshops in bestehende Gruppierungen eingebracht werden. Hierzu fand nach mehreren Telefonaten im Herbst 2017 ein Gespräch der Bildungskoordinatorin für Neuzugewanderte sowie der Gleichstellungsbeauftragten des Burgenlandkreises mit einer Mitarbeiterin des Dachverbandes der Migrantinnenorganisationen, DaMigra e.V statt. Der Verein DaMigra engagiert sich in Weißenfels in einer Frauengruppe für Migrantinnen, hat aber auch ein Interesse daran im Burgenlandkreis breiter aktiv zu werden. Da DaMigra ebenfalls das Thema Sexualität als sehr wichtig erachtet wurde eine Zusammenarbeit des Vereins mit dem Burgenlandkreis zu diesem Thema beschlossen. In einem ersten Schritt soll es eine mehrteilige, gemeinsame Reihe zum Thema Sexualität im Rahmen der bestehenden Frauengruppe geben. In einem zweiten Schritt wird dann die Übertragung auf andere bestehende Gruppen von MigrantInnen im Burgenlandkreis angestrebt. Selbstverständlich wird auch die Zusammenarbeit mit weiteren PartnerInnen und Gruppierungen angestrebt, insbesondere um auch Jugendliche und Männer zu erreichen.
Das zweite Format sollen weiterhin Gesprächsrunden zwischen den Geflüchteten und ihnen bereits bekannten Personen sein. Hier soll eine Professionalisierung im Rahmen einer MultiplikatorInnenschulung erfolgen (s. B; Beschreibung des Beitrags).
Folgende Ziele für die Workshops und Gesprächsrunden mit den MigrantInnen werden festgelegt, wobei zielgruppen- und situationsabhängig nicht immer alle Ziele verfolgt bzw. erreicht werden müssen:
- Teilnehmende können verschiedene deutsche Begriffe für Körperteile, innere und äußere Geschlechtsmerkmale, Grundlagen der Frauen- und Männergesundheit und sexuelle Handlungen.
- Teilnehmende haben ein Verständnis für körperliche Veränderungen in der Pubertät, Sexualität und deren verschiedene Ausdrucksformen.
- Teilnehmende sind sensibilisiert für die Komplexität kultureller Codes im Zusammenhang mit Körpersprache, Kennenlernen, Kontaktaufnahme und Werten und Normen.
- Teilnehmende sind im Themenfeld Verhütung, Schwangerschaft, Geburt, sexuell übertragbare Infektionen informiert und wissen, wohin sie sich im Bedarfsfall wenden können.
- Teilnehmende reflektieren ihre Werte und Normen, gehen in Austausch, sensibilisieren sich für vielfältige Zugänge zu Sexualität.
- Teilnehmende kennen ihre sexuellen und reproduktiven Rechte und die Gesetzeslage.