Kommune und Wettbewerbsbeitrag im Überblick
Einwohnerzahl |
9.583 |
Bundesland |
Nordrhein-Westfalen |
Titel des Beitrags |
„Gelingende Integration benötigt ein ganzes Dorf“ – Wir leben Integration |
Schwerpunkt des Beitrags |
Im Mittelpunkt der Aktivitäten stehen nicht allein die Unterbringung und Versorgung von Geflüchteten, sondern deren Integration in die Gesellschaft. Dem dienen das Erlernen der deutschen Sprache, die Betreuung der Kinder in den Kitas, die Beschulung der Kinder in den örtlichen Grundschulen und der Verbundschule, die Begegnung bei Veranstaltungen, Aktivitäten in den Vereinen. Ziele sind die dezentrale Unterbringung der Neuankömmlinge, ihre Integration in das Dorfleben, schnelle und unbürokratische Hilfen beim Spracherwerb mit anschließender Vermittlung in Ausbildung oder Arbeit sowie die Information der Bürgerinnen und Bürger Everswinkels. |
Kontakt |
Sebastian Seidel (Bürgermeister) |
Beschreibung des Wettbewerbsbeitrags
Die Gemeinde Everswinkel, im nordrhein-westfälischen Kreis Warendorf zwischen den Städten Warendorf und Münster gelegen, hat von 2013 bis Ende 2017 insgesamt 365 Geflüchtete aufgenommen. Zunächst waren es vor allem Personen aus dem Westbalkan, ab 2015 kamen viele Menschen aus Syrien und dem Irak hinzu.

Um den Geflüchteten den Zugang zu Sprache, Bildung und Arbeit zu erleichtern, wurde im Oktober 2015 der „Integration Point“ als Modellprojekt eingerichtet. Dort werden die Fähigkeiten der Geflüchteten erfasst und erfolgt – in Zusammenarbeit mit der Agentur für Arbeit, dem Jobcenter, der Ausländerbehörde und dem Sozialamt der Gemeinde – eine schrittweise Integration in Arbeit. Integrations- und Sprachkursangebote werden vermittelt. Kooperationspartner sind die VHS Warendorf, das Netzwerk Beruf und Bildung sowie weitere Bildungsträger in Warendorf und Münster.
Eine Flüchtlingsinitiative mit verschiedenen Arbeitsgruppen, legitimiert durch politischen Beschluss, organisiert vielfältige Aktivitäten, wie z.B. Sprachkurse durch Ehrenamtliche, ehrenamtliche Sprach- und Integrationshelfer in den Grundschulen, ein Café, ein Rucksackprojekt, individuelle Patenschaften, eine Fahrradwerkstatt, Kurse und Aktivitäten in Sportvereinen, der Feuerwehr, dem Blasorchester, dem Seniorenheim oder dem Kulturkreis.
Nicht zuletzt sind Transparenz der Aktivitäten und deren Akzeptanz in der Bevölkerung erklärte Ziele der Everswinkeler Bemühungen. Es wurden eine Informationsbroschüre erstellt und an alle Haushalte versandt, Informations- und Elternversammlungen abgehalten, Nachbarschaftsfeste organisiert. Monatlich werden offene Treffs veranstaltet, es gibt themenspezifische Vorträge, Beratung für die Bürgerschaft, Integration der Neubürgerinnen und Neubürger in Dorffeste, regelmäßige Berichterstattung im öffentlichen Teil der Sitzungen des Familien- und Sozialausschusses, Informationstreffen der Gewerbetreibenden und diverse Presseberichterstattungen.
Die Aktivitäten werden durch den Austausch der verschiedenen Akteure – zu ihnen gehören neben dem Bürgermeister, der Gemeindeverwaltung und der Flüchtlingsinitiative alle relevanten Akteursgruppen (wie Kitas, Schulen, Vereine, Kirchen, verschiedene Ämter, die Agentur für Arbeit, die Migrationsberatungsstellen und die politischen Gremien) und nicht zuletzt die ortsansässige Bevölkerung – in ihrer Wirksamkeit überprüft. Zwei Einzelprojekte werden beispielhaft beschrieben.
- Im „Pilotprojekt zur Integration von Flüchtlingen in Arbeit – Integrationsbüro Everswinkel“ kooperieren die Agentur für Arbeit Ahlen-Münster und der Kreis Warendorf. In der Steuerungsgruppe wirken neben der Arbeitsagentur und dem Kreis Warendorf der Bürgermeister, Unternehmensvertreter, Ehrenamtliche, die Flüchtlingsinitiative, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Sozialarbeit und die Wirtschaftsförderung mit. Zielgruppe sind Personen aus Syrien, Afghanistan, Eritrea, Iran und Irak. Nach einer ersten „Talentsichtung“ wird die Anerkennung von Beruf und Ausbildung geprüft, werden Sprachförderkurse vermittelt, Arbeitserlaubnisse eingeholt und erste Praktika vermittelt. Zu Beginn steht oft der Einsatz bei gemeinnützigen Tätigkeiten, z.B. als Helfer für den Hausmeister oder Tätigkeiten im örtlichen Bauhof. Ziel ist die Vermittlung in einen Beruf; daher sind auch Vertreter zweier Unternehmen beteiligt.
- Das Projekt „Alt für Jung Patenschaften“, initiiert durch die Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenbüros, wird im „Haus der Generationen“ angeboten. Es ermöglicht die Begegnung von überwiegend älteren Aktiven, die sich als Paten für die Geflüchteten engagieren wollen, mit geflüchteten Menschen unterschiedlichen Alters. So werden ein Kennenlernen, die Bildung von Vertrauen sowie ein gegenseitiges Verstehen möglich. Durch die große Erfahrung der Paten werden den Geflüchteten die ersten Schritte der Aufnahme in die Gesellschaft und zur Integration erleichtert.
Begründung der Prämierung
Everswinkel zeigt ein umfassendes Verständnis von Integration als Aufgabe aller (des ganzen Dorfes). Mit breiter politischer Unterstützung durch den Bürgermeister und alle politischen Fraktionen werden die Vorteile einer kleinen Kommune genutzt – nämlich kurze und schnelle Informationswege und dass sich die Akteure vor Ort kennen, um so die Integration der geflüchteten Menschen zu unterstützen. Darüber hinaus gibt es einen großen Kreis an Ehrenamtlichen, die in einer Vielzahl von Aktivitäten mitwirken.
Hinter den Integrationsanstrengungen stehen klar formulierte Ziele, damit „die geflohenen Menschen bei uns in der Gesellschaft ankommen, um ein ‚normales‘ Leben führen zu können“ (aus dem Wettbewerbsbeitrag). Zugleich wird die ortsansässige Bevölkerung „mitgenommen“, um die Situation der Flüchtlinge zu verstehen und sie bestenfalls zu motivieren, bei der Flüchtlingsarbeit mitzuhelfen.
Es wird ein beachtliches und breites Angebot an Maßnahmen vorgelegt, das von Kinderbetreuung, über Sprachkurse, Nähkurse mit Kinderbetreuung, Fahrradwerkstatt, Angebote der Vereine bis zur Aufnahme in die Feuerwehr und die Mitwirkung im Blasorchester reicht. Die Angebote werden vielfach von Ehrenamtlichen verantwortet, in der Breite sprechen sie alle Altersgruppen und Geschlechter an.
Offensichtlich gut funktionieren auch Vernetzung und Transfer von Aktivitäten. Der Austausch mit dem Kreis Warendorf, die Übernahme von Projekten anderer Kommunen, die Fortbildung der Beteiligten sowie die Information anderer Gemeinden über die eigenen Aktivitäten belegen das Interesse, die Integration gelingen zu lassen, Kräfte zu bündeln, sich weiter zu entwickeln und die eingeschlagenen Wege auch immer wieder zu überprüfen und zu verbessern.
Zum Originalwettbewerbsbeitrag von Everswinkel.